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Diplomrede Frau A. Günther 23. November 2016
Fortsetzung Diplomrede Frau A. Günther
Geschätzte Damen und Herren,
Herzlichen Glückwunsch zu Ihren bestandenen Prüfungen!
Sicherlich empfinden Sie in diesem Moment alle Glück, manche denken vielleicht sogar: "Glück gehabt!"
Doch Glück, was heisst das? Hatten Sie Glück, Ihre Prüfungen zu bestehen? Das würde ja heissen, Glück käme ohne Eigenleistung, ganz zufällig. Sicher gehört auch diese Form des Glücks dazu: einen Lehrer oder Kursleiter zu bekommen, der "zu einem passt", Fächer zu haben, die interessant sind, Prüfungsthemen zu erhalten, die man beherrscht.
Aber was ist Glück noch?
Horaz sagte, Glück ist, wenn das Pech die anderen trifft.
Glück wäre also die Freiheit von Leiden, ein Zustand von Leichtigkeit, Energie und innerem Frieden.
Ist solch ein Zustand erreichbar, nicht nur für ein paar Sekunden, sondern für längere Zeit?
Der Dalai Lama sagt: "Wer in sich selbst nicht Frieden gemacht hat, wird auch nicht Frieden in die Welt tragen können!"
Doch wie gelangt man zum inneren Frieden?
Ein arabisches Sprichwort besagt: Glück besteht in der Kunst, sich nicht zu ärgern, dass der
Rosenstrauch Dornen trägt, sondern sich zu freuen, dass der
Dornenbusch Rosen trägt.
Wer ist schuld, wenn es uns nicht gut geht und wir nicht glücklich sind? Oft suchen wir die Verantwortung bei anderen. Damit stehen wir dem eigenen Schicksal nur selbst im Wege, lähmen uns oder lassen Chancen aus. Je öfter wir uns als passives Opfer sehen, umso unglücklicher werden wir. Das Leben aktiv gestalten, nach vorn sehen, nach Niederlagen wieder aufstehen - ist das eine angeborene Gabe? Nein, meinen die Psychologen, das ist eine erlernte Gewohnheit - und Gewohnheiten lassen sich ändern.
Sich selbst kann man ändern: die eigene Einstellung zu anderen, die Einstellung zu Misserfolgen, die eigenen Erwartungen vom Glück.
Der Psychoanalytiker Erich Fromm meinte zum Thema Glück: "Unsere Konsum- und Marktwirtschaft beruht auf der Idee, dass man Glück kaufen kann, wie man alles kaufen kann. Und wenn man kein Geld bezahlen muss für etwas, dann kann es einen auch nicht glücklich machen. Dass Glück aber etwas ganz anderes ist, was nur aus der eigenen Anstrengung, aus dem Innern kommt und überhaupt kein Geld kostet, dass Glück das "Billigste" ist, was es auf der Welt gibt, das ist den Menschen noch nicht aufgegangen."
Jüngste Studien haben diese Aussage bekräftigt. Sie zeigten, dass in fortschrittlichen Ländern die Korrelation zwischen Einkommen und Glück nahe Null und manchmal sogar negativ ist (also je reicher, desto unglücklicher!). Anders ist das in armen Ländern. Wenn jemand arm ist, steigert ein besseres Einkommen das Glücksempfinden und die Lebenszufriedenheit. Er kann seine Kinder kleiden, sie in die Schule schicken, er hat dann ausreichend zu essen. Aber sobald ein minimaler Lebensstandard erreicht wird, ist kein Zusammenhang zwischen materiellem Wohlstand und Glücksempfinden mehr feststellbar - so auch Robert E. Lane, Professor an der Yale Universität.
Was also macht uns glücklich, wenn es Geld nicht ist? Die Antwort, die der Professor gibt, ist sehr einfach: Gelungene Beziehungen, Freundschaften, ein gutes soziales Netz, die Familie - kurzum, andere Menschen!
Professor Lane hält einen kleinen Test für uns parat, mit dem wir feststellen können, ob seine Erkenntnisse auch auf uns zutreffen: Fragen Sie sich: Was hat einen grösseren Einfluss auf meine Zufriedenheit: Mein Einkommen oder die Zuneigung meines Partners oder meiner Partnerin, meiner Freunde und Kollegen, das Wohlergehen meiner Kinder? Oder umgekehrt, was wäre deprimierender: eine Gehaltskürzung oder eine Scheidung? Weniger Geld oder die Isolation von meinen Freunden, Kollegen und meinem Partner oder meiner Partnerin?
Die Gleichung "Wohlstand = Glück" geht nicht auf. Mit Geld lässt sich Glück nicht kaufen.
Ein weiteres Beispiel für die These, dass Geld nicht glücklich macht, ist Kerala. Kerala, ein Bundesstaat im heissen Südindien, ist dicht besiedelt. Das Durchschnittseinkommen liegt unter 70 Franken pro Monat. Aber in keinem Teil Indiens ist die Lebenserwartung und das subjektive Glücksgefühl der Bürger höher. Das Geheimnis: In Kerala gibt es im Gegensatz zu anderen Landesteilen fast keine Analphabeten. Die Region hat eine alte Tradition von Theater, Medizin und Kampfkunst. Man ist stolz auf die eigene Kultur. Damit hängt wohl auch zusammen, dass fast alle Bauernfamilien ihr eigenes Land bewirtschaften.
Entwickeln Sie also Ihren Geist, freuen Sie sich auf kunstvolle und intelligente Weise. Die "weichen" Faktoren Bildung und Kultur sind wichtiger als wir denken.
Was Glück genau bedeutet, variiert aber auch von Land zu Land - während in der Schweiz und den USA zum Beispiel Selbstverwirklichung und persönlicher Erfolg eine wichtige Rolle spielen, wird in Japan als wichtig angesehen, die Erwartungen der Familie und Gesellschaft zu erfüllen. Natürlich wird die Frage "Was ist Glück?" von jedem ein wenig unterschiedlich beantwortet werden. Aber schon Demokrit wusste, was wir in unserem Streben nach dem grösseren Auto, der schöneren Wohnung, dem besseren Computer vergessen haben:
"Das Glück wohnt nicht im Besitze und nicht im Golde, das Glücksgefühl ist in der Seele zu Hause."
Denn unseren Freund werden wir mit dem grösseren Auto nicht beeindrucken - auch er hat inzwischen ein grösseres. Auch seine Wohnung ist schöner geworden. Auch sein Einkommen ist gestiegen. Schlimmstenfalls kann dieses "rat race", wie die Amerikaner es nennen, dieser Wettkampf um mehr Wohlstand, dieser Neid auf andere, uns krank machen oder in die Schuldenfalle locken. Dass Glück und Lebenszufriedenheit nicht von Gegenständen, die man kaufen kann, abhängen, sondern etwa von Faktoren wie einer stabilen Partnerschaft, das zeigen auch weitere Studien.
"Glück ist nicht die Abwesenheit von Problemen, sondern die Fähigkeit mit ihnen umzugehen", sagt Ullrich A. Ehrhardt.
Die kalifornischen Psychologen und Soziologen Rick Foster und Greg Hicks haben über mehrere Jahre hinweg Menschen erforscht, die als besonders glücklich gelten. Sie fanden folgendes heraus:
Zu 50% bestimmen unsere Gene, ob wir glücklich sind oder nicht. Der eine ist ein geborener Melancholiker, der andere ein Sonnenschein. Also alles vorbestimmt? Geboren, um unglücklich zu sein? Nein, sagen die beiden Forscher. Denn die anderen 50% kann jeder Mensch selbst beeinflussen. Glücklich werden Sie nicht durch Zufall - Sie müssen sich bewusst dafür entscheiden und sich entsprechende Ziele setzen. Und flexibel bleiben: geht eine Unternehmung schief, so starten Sie eben Plan B.
Bestimmen Sie Ihr Leben selbst. Schieben Sie die Schuld für Ihr Schicksal nicht auf andere.
Es erfordert Mut, auch mal gegen eingefahrene Regeln zu verstossen. Gegen die eigenen oder die Regeln anderer. Überlegen Sie, in welchen Situationen Sie glücklich waren und was Sie darauf lernen können. Machen Sie eine Liste: Was macht Sie persönlich glücklich? Richten Sie sich nicht nur nach den Wertmassstäben anderer, entwickeln Sie Ihre eigenen.
Machen Sie Seitensprünge des Denkens, intensivieren Sie Ihr Lebensgefühl, spielen Sie die Hauptrolle in Ihrem Leben und werden Sie glücklich.
Die römische Glücksgöttin Fortuna wird oft mit einem grossen Füllhorn abgebildet, aber auch mit Flügeln und mit geschorenem Haar am Hinterkopf, so dass, wer sie jagt, nicht viel zu fassen bekommt. Auch dies zeigt, wer glücklich sein möchte, muss etwas dafür tun.
Die Glücksforschung hat übrigens verschiedene Aspekte herausgefunden, die uns glücklich machen: Dazu zählt, etwas für andere zu tun. Aber auch Beziehungen, eine gute Partnerschaft, Freunde und Familie machen uns glücklich. Leichte Bewegung ebenfalls - hier werden Glückshormone ausgeschüttet. Sinnvolle Betätigungen, z.B. im Beruf machen uns auch glücklich.
Für einen grossen Glücksmoment, sehr geehrte Damen und Herren, haben Sie mit Ihren erfolgreich absolvierten Prüfungen gesorgt - wir überreichen Ihnen gleich das Papier, das Ihre Leistungen und vor allem Ihr neu erworbenes Wissen, belegt.
In diesem Zusammenhang bedanke ich mich herzlich beim Kursleiter-Team und bei den Bereichsleitern, Sachbearbeitern und Praktikanten - sie alle haben mitgewirkt.
Geschätzte Diplomandinnen und Diplomanden, wir, die Kursleiter, das Sekretariat, die Bereichsleiter und die Schulleitung der Bénédict-Schule, wünschen Ihnen auch weiterhin viel Glück! Mögen Sie gut schlafen und falls Sie eine halbkahle Dame mit Füllhorn sehen, lassen Sie sie nicht entkommen.